Tätertrennung und die Gegenmittel

213942_web_R_K_by_Peter Reinäcker_pixelio.deDas kennt man aus dem Fernsehen: Die Beschuldigten werden getrennt voneinander befragt. Sie sollen sich nicht untereinander absprechen können. Also schließt die Polizei die Festgenommenen auf den Wachen erst einmal in getrennte Zellen. Dann werden sie nacheinander zum Verhör geholt. Das Ganze zieht sich dann über den Tag hin in die Länge, bis die Verdächtigen dann dem Haftrichter vorgeführt werden.

Getrennte Unterbringung
Wird nun eine größere Gruppe von Beschuldigten festgenommen und anschließend in die Untersuchungshaft geschickt, stellt sich die Frage, wie man den Informationsaustausch zwischen den Gefangenen unterbindet. Dazu steht dem Haftrichter, der den Haftbefehl erläßt, ein unangenehmes Instrument zur Verfügung: Er macht ein Kreuzchen im Formular mit der Überschrift „Tätertrennung – Wilhelm Brause, Gottfried Gluffke und Bulli Bullmann sind getrennt unterzubringen!„. So sieht es § 119 Abs. 1 Ziff 4 u. 5 StPO vor.

Einschränkungen
Das führt zu massiven Einschränkungen während der Untersuchungshaft. Die Anstalt gibt sich alle Mühe, den Kontakt unter den genannten Mitgefangenen zu verhindern. Wie das im Einzelnen aussieht, welche Auswirkungen das hat und wie die Tätertrennung von den Gefangenen unterlaufen wird, beschreibt Achim in einem Beitrag auf Knast.Net:

Damit wir uns über den Termin nicht absprechen konnten, hatten wir einzel duschen und einzel Freistunde. Zur Freistunde warst du immer mit einen Schliesser alleine auf dem Hof, sowie beim duschen, Arztbesuch usw. an der Zellentür hing ein Schild von Hand zu Hand. Also immer in Begleitung.

Wahnsinnige Einzelhaft
Diese Einschränkungen bringen manche Gefangene sprichwörtlich an den Rand des Wahnsinns. In den 70er Jahren kam der Begriff „Isolationsfolter“ auf, der auch bei Psychiatern bestens bekannt wurde, die die Folgen von dieser Einzelhaft zu therapieren hatten.

Gegenmittel
Glücklicherweise ist das System der Tätertrennung in der Untersuchungshaftanstalt nicht perfekt. Auch darüber schreibt Achim in seinem Knast.Net-Beitrag:

Aber die Schliesser sowie die Staatsanwaltschaft hatten sich getäuscht. Nach einigen Wochen hatten wir uns mit den Kalfaktoren angefreundet, Tabak, Kaffee usw. abgegeben und fast täglich einen regen Postverkehr untereinander gehabt.

Achim stellt in seinem Erfahrungsberichte weitere Bordmittel dar, mit denen er und seine Mitgefangenen seinerzeit die Trennung unterliefen.

Rechtsmittel
Aber auch einem Strafverteidiger stehen zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, auf die Haftsituation Einfluß zu nehmen (bis hin zur Verfassungsbeschwerde). Die Verfügung des Haftrichters ist nämlich nicht in Stein gemeißelt. Auch die Ausrichtung der Verteidigungsstrategie an der Haftsituation ist ein Mittel, das Leben im Knast erträglicher zu gestalten. Es kommt also auch hier darauf an, dem Gefangenen einen engagierten Anwalt zur Seite zu stellen.

Hand-zu-Hand im Strafprozeß
Wie sich die Probleme der Trennung dann im Rahmen eines Strafverfahrens entwickeln, wenn beispielsweise 14 Angeklagte voneinander „getrennt zu halten“ sind, kann man im Rocker-Blog einmal nachlesen.

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Bilder: © Peter Reinäcker / pixelio.de

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